Alles Bio...
...Beruf und Lebenseinstellung.
Wie einige wissen, habe ich lange in Naturkost-Fachgeschäften gearbeitet. Da ich auch im Netz immer wieder die Frage "Warum eigentlich bio?" gestellt bekomme, habe ich für alle, die es interessiert, hier ein paar Infos zum Thema "biologischer Anbau" zusammengestellt.
Woran erkennt man als Kunde eigentlich ein Bioprodukt?
Seit 1991 gibt es die EU-Verordnung über den ökologischen Landbau. Ein Bio-Produkt muß danach mindestens 95% Zutaten aus KbA (kontrolliert biologischer Agrarwirtschaft) enthalten. Sind weniger als 95%, aber mindestens 70% der Zutaten ökologisch erzeugt, dürfen diese einzelnen Zutaten als Biozutaten gekennzeichnet werden (z.B. mit einem Sternchen und entsprechender Fußnote). Auf der Verpackung muß die EU-Kontrollstelle oder deren Code genannt werden (DE-000-Öko-Kontrollstelle), zusätzlich findet man dort als auffälliges Kennzeichen das neue, links abgebildete geschützte Bio-Siegel. Alle ab Juli 2010 produzierte und verpackte Produkte müssen gemäß der Verordnung dann mit dem neuen EU-Siegel gekennzeichnet werden.
Das alte deutsche staatliche Bio-Siegel (rechts) hat in Deutschland einen höheren Bekanntheitsgrad als das alte Europäische und darf neben dem neuen EU Bio-Siegel weiterverwendet und zusätzlich auf die Etiketten gedruckt werden. Leider regelt die EU-Verordnung nur einen absoluten Mindeststandard für Bioprodukte in der Europäischen Union. Diese Standards werden leider immer wieder gelockert und an die Bedingungen der EU-Mitgliedsstaaten angepasst, was zu einer "Verwässerung" der EU-Bio-Richtlinien geführt hat. Die EU lässt zum Beispiel seit 2009 erstmals auch Spuren gentechnisch veränderter Organismen (bis zu 0,9 Prozent) in Lebensmitteln ausdrücklich zu.
Im Bioladen bekommt man hingegen meist Lebensmittel, deren Bio-Qualität weit über diese Mindestanforderung hinausgeht: Produkte, die zusätzlich nach den Richtlinien biologischer Anbauverbände (nachzulesen unter den nachfolgenden Links) hergestellt werden, unterliegen deutlich schärferen Vorschriften. Beispielsweise müssen 100% der Zutaten aus kontrolliert biologischer Erzeugung stammen, Spuren von genetisch veränderte landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind verboten, sowohl direkt, als auch indirekt als Futtermittel oder Emulgatoren. Abgebildet sind hier links die Siegel der wichtigsten Anbauverbände Deutschlands:
Bioland (derzeit der größte Anbauverband in Deutschland)
Demeter (der größte Anbauverband für biologisch-dynamischen Landbau)
Naturland (Anbauverband für biologischen Landbau, Imkerei, Waldnutzung, Aquakultur...)
Biopark (ein Verband aus Norddeutschland)
Biokreis (ein Verband aus Süddeutschland)
Gäa (ein Verband mit Schwerpunkt Ostdeutschland)
Ecovin (Anbauverband für biologischen Weinbau)
Neuland (Verband für artgerechte Tierhaltung)
Die großen Verbände (z.B. Demeter und Naturland) sind auch international tätig, außerdem gibt es in anderen EU-Ländern wie bei uns neben dem EU-Bio-Siegel dort ansässige Anbauverbände, die bezüglich ihrer Richtlinien mit den deutschen Verbänden vergleichbar sind. Ein paar Beispiele aus aller Welt sind:
AIAB (Italien)
Argencert (Argentinien)
Bio-Gro (Neuseeland)
QAI (USA)
Nature et Progres (Belgien)
Ecocert (Frankreich)
Die meisten internationalen Anbauverbände sind im Dachverband IFOAM organisiert.
Und warum sind Bioprodukte teurer als konventionelle Produkte?
Im Durchschnitt sind Biolebensmittel circa 40-50% teurer als konventionelle Lebensmittel, aber die Preise der Grundnahrungsmittel (Milch, Müsli, Brot, Nudeln, Kartoffeln...) sind nur ca. 5-15% höher. Damit sind diese eine ideale Möglichkeit, um einmal "bio" statt "konventionell" auszuprobieren.
Im Vergleich mit Produkten aus dem "normalen" Supermarkt (nicht Discounter) ist mir persönlich allerdings schon öfter aufgefallen, daß gerade frische Ware und Saisonprodukte im Bioladen manchmal günstiger sind. Bei verpackter Ware schlägt der Preis mancher Bio-Produkte sogar locker den eines "berühmten" Markenproduktes. Und geschmacklich sind viele Bioprodukte aufgrund ihrer "Natürlichkeit" (mehr Zeit zum Wachsen und Reifen, keine Farb- und Aromazusätze, keine künstlichen Backhilfen, etc.) auch noch viel besser.
Der beschriebene Preisunterschied liegt in den Besonderheiten bei Anbau, Pflege und Verarbeitung der Biolebensmittel begründet:
- weniger Ertrag pro Quadratmeter durch geringere Besatzdichte beim Pflanzenbau
- umständlichere Pflanzenpflege wegen des Verzichts auf chemisch-synthetische Dünge- und
Pflanzenschutzmittel - längere Wachstumszeiten durch Verzicht auf chemisch-synthetische Wachstums- und Reifebeschleuniger
- Mehrarbeit durch artgerechte Tierhaltung mit begrenzter Tieranzahl in Stall und Hof
- Mehrkosten durch Verzicht auf die vorbeugende Gabe von Tierarzneimitteln
- finanzielle Belastung durch die notwendigen Kontrollen und Analysen
- Mehrkosten bei der Verarbeitung durch Verwendung natürlicher Rohstoffe statt Stabilisatoren,
Geschmacksverstärkern und künstlichen Aromastoffen - Vertrieb durch kleine Firmen mit niedrigen Absatzmengen
- Verkauf in Fachgeschäften mit Beratung und Service
Außerdem sind Bioprodukte nicht "zu teuer", bloß weil sie teurer als konventionelle Produkte sind, denn die Preise konventionell hergestellter Lebensmittel werden durch gezielte Marktstrategien der großen Handelsketten künstlich niedrig gehalten.
(Stichwort "Milchpreise")
Interessanterweise hat man festgestellt, daß reine "Bio-Käufer" nicht mehr Geld ausgeben, als Menschen, die sich konventionell ernähren. Das liegt an der bewußteren Ernährungsweise der "Bios", die mehr Obst, Gemüse und Getreide und weniger Fleisch, Süßigkeiten, Genussmittel und alkoholische Getränke zu sich nehmen.
FAZIT: Bio ist nichts für Besserverdiener, Bio ist etwas für Besserwisser!
Ist Bio denn wirklich besser, z. B. gesünder?
Ja, und zwar aus folgenden Gründen:
- gesundheitsschädliche Rückstände kommen in Biolebensmitteln nur in geringen Maßen bis gar nicht vor, die Grenzwerte bei Bioprodukten liegen weit unter den gesetzlich vorgeschrieben Grenzwerten für konventionelle Produkte
- fragwürdige Zusatzstoffe (z.B. Farbstoffe, Geschmacksvertärker oder künstliche Süßstoffe) sind komplett verboten
- Bio-Obst und -Gemüse sind oft nährstoffreicher, weil sie langsamer wachsen und schonender verarbeitet werden
- Biolebensmittel enthalten meist weniger Zucker und Fett
- Bioprodukte sind frischer, weil auf haltbar machende Zusätze verzichtet wird
- Biolebensmittel haben eine hohe Vitalaktivität, d.h. das Zusammenspiel aller natürlichen Bestandteile erhöht die Qualität.
(Das Vitamin C aus einer Acerolakirsche ist zum Beispiel für den Körper zu 100% verwertbar, weil die Bioflavonoide der Frucht die Vitamin C-Aufnahme im Körper begünstigen) - Und nicht zu vergessen: Biolebensmittel schmecken oft viel besser, als konventionelle Ware -
und was uns gut schmeckt, tut uns auch gut!
Für alle, die sich noch mehr informieren möchten, habe ich diese interessanten Links:
Ökolandbau.de Informationsportal zum Thema Ökolandbau
Greenpeace Einkaufsnetzwerk Die Greenpeace-Verbraucherarbeit macht da weiter, wo Ökotest und Stiftung Warentest aufhören.
Bioladen.de - hier findet man den Bioladen in der Nähe des eigenen Wohnortes
Naturkost.de - das Onlineangebot der Zeitschrift Schrot & Korn
aid - Infodienst Verbraucherschutz - Ernährung - Landwirtschaft
BNN - Bundesverband Naturkost und Naturwaren
Laib und Seele - eine tolle Biobäckerei, die ausschließlich Demeter-Zutaten verwendet und ihr Brot auch verschickt!
Die Gemüsetüte - ein Angebot von Biobauern bei Bonn, frisch, regional und mit leckeren Rezepten
Gut Ostler - ein Demeter-Betrieb bei Bonn, mit Hofladen und der Möglichkeit, Garten und "Heuhotel" zu mieten
Zum Abschluß stelle ich euch noch "Knuut, der Bioknolle" vor:
...eine lustig geformte Bio-Kartoffel und ein gutes Beispiel dafür, daß im Bioladen kein genormtes Gemüse verkauft wird: es ist groß, klein, krumm, gerade, dick und dünn und vor allem lecker!
Wink Tschüß, Knuut!
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